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Channel: Kommentare zu: Das reicht für ein Jahr
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Von: Ulf J. Froitzheim

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Hardy, Du weißt, dass ich so ruppigen Kollegen wie Dir nicht leichten Herzens applaudiere. Aber wo Du Recht hast, hast Du Recht. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Möglichkeit ist einfach zu groß. Ich mag mir gar nicht ausmalen, dass Controller großer Medienfirmen oder gar der Verleger-Tarifverhandlungsführer Georg Wallraf lesen, was diese unsere Kollegen für weniger als eine Million meinen bieten zu können. (“Ach, so billig geht das also? Dann sind unsere Contentetats zu hoch.”)

Hier kommt der Konstruktionsfehler der ganzen Crowderei ans Licht: Die Zielmarke wird so niedrig gehängt, dass man nicht größenwahnsinnig oder gierig wirkt. Da aber das Wesensmerkmal eines Ziels ist, dass es dahinter nicht weitergeht, gibt es keinen Anreiz für die Geldgeber, über das Ziel hinauszuschießen, obwohl es keinen logischen Grund gibt, weitere Sponsoren vom Spenden abzuhalten. Je mehr Geld da ist, umso mehr Ideen kann man umsetzen, oder umso besser kann man sie umsetzen.

Das Krautprojekt erschiene mir deutlich professioneller, wenn es gestaffelte Ziele gäbe:

Wenn 500.000 Euro zusammenkommen, können wir dieses bieten; ab einer Millionen geht auch jenes; wenn ihr auch Superduperklassedingsbums wollt, brauchen wir zwei Millionen. Die Spendenskala müsste halt nach oben offen sein.

Noch ein paar Sätze, die unser aller Netz-Jubelperser und Krauteuphoriker und Kritikallergiker sicherlich nicht lesen wollen:
Wer institutionell (als Firma, Genossen- oder Partnerschaft) investigativen Journalismus betreibt, braucht dicke finanzielle Polster und einen guten (damit auch gut zu bezahlenden) Justitiar. Mit Sicherheit werden nicht die persönlichen Rechtsschutzpolicen der Reporter (oder bei Mitgliedern von DJV/ver.di die jeweilige Gewerkschaft) Anwalts- oder Gerichtskosten abdecken, für die die Krautfirma verantwortlich ist. Allein dafür müsste man schon mal mindestens 10 Prozent der 900.000 Euro beiseite legen. Hinzu kommen Gewerbe- und Umsatzsteuer, KSK, Versicherungen, Miete für Büro und Server, auch Traffic und Software kosten etwas. Bleiben extrem optimistisch gerechnet noch 700.000 Euro für Esser und seine 27 Krauter, sprich 25000 Euro inklusive aller Reisespesen pro Kopf im Jahr. Wie da zu freischreibergütesiegelfairen Bedingungen gearbeitet werden können soll, ist mir ein völliges Rätsel. Da es so aussieht, als würde das zumindest für Alex und den Geschäftsführer Esser ein Fulltimejob, kommen aber auch noch Sozialabgaben drauf, weil es sonst Ärger wegen Scheinselbständigkeit gäbe. Das alles engt den finanziellen Spielraum so ein, dass man kein Miesmacher, sondern Realist ist, wenn man sagt: Das Budget ist viel zu sehr auf Kante genäht.
Oder um Niggemeier zu paraphrasieren: Das reicht NICHT für ein Jahr.


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